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Unfall des „Glacier Express“ vom 23. Juli 2010: Zug war zu schnell unterwegs
Bern, 20.01.2011 - Die von der Unfalluntersuchungsstelle Bahnen und Schiffe (UUS) durchgeführte Untersuchung des Unfalls des „Glacier Express“ der Matterhorn Gotthard Bahn vom 23. Juli 2010 hat ergeben, dass der Unfall auf eine zu hohe Geschwindigkeit des Zuges Nr. 906 in der Kurve (vmax = 35 km/h) vor der Unfallstelle zurückzuführen ist. Der Zug ist nicht entgleist, sondern durch die zu grosse Zentrifugalkraft gekippt. Keinen Einfluss auf den Unfall hatten die Geologie, das Wetter, die Gleisgeometrie, der Fahrplan, die Arbeitsanweisung an die Lokführer sowie die Fahrzeuge selber.
Die ausführlichen Untersuchungen der Unfalluntersuchungsstelle (UUS) wurden in den folgenden Bereichen geführt:
1. Geologie des Untergrundes: Ein Gutachten hat die Stabilität des Untergrundes bestätigt.
2. Wettereinflüsse: Mit den von „Meteo Schweiz“ gelieferten Daten konnte ein Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Witterungseinflüssen ausgeschlossen werden.
3. Gleislage: Obwohl die Gleislage an der Kippstelle des Zuges nicht optimal war, lag diese innerhalb der erlaubten Toleranzen. Der nach dem Unfall eingebrachte Schotter diente als Ersatz des abgerutschten Schotters sowie dazu, die Gleislage wieder in den optimalen Zustand zu versetzen.
4. Verwerfung des Gleises: Nach dem Unfall war eine Verwerfung des Gleises sichtbar. Bei den zum Unfallzeitpunkt gemessenen Temperaturen kann eine vorher bestandene Verwerfung mit grösster Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Lokführer der drei vor dem Unfall durchgefahrenen Züge haben keine Verwerfung gemeldet. Sie ist höchstwahrscheinlich beim Kippen des Zugs entstanden. Da der Beginn des Kippens vor dieser Verwerfung lag, ist diese Tatsache unerheblich.
5. Rollmaterial: Mit Hilfe einer Computersimulation wurde das Kippverhalten der Panoramawagen untersucht. Die Simulation ergab, dass bis zu einer Geschwindigkeit von 50 km/h die Wagen nicht kippen.
Der zuerst gekippte Wagen Nr. 6 wies ausser den unfallbedingten Schäden keine Defekte auf, welche ein Kippen des Wagens bewirkt haben könnten.
6. Zu schnelles Fahren zur Fahrplaneinhaltung: Die Untersuchungsleiter der UUS haben Züge der Matterhorn Gotthard Bahn begleitet. Der Fahrplan kann unter Berücksichtigung sämtlicher Geschwindigkeitsvorgaben eingehalten werden.
7. Anweisung an die Lokführer: Die Matterhorn Gotthard Bahn hat die Lokführer nicht angewiesen, schneller als erlaubt zu fahren, um den Fahrplan einhalten zu können.
Sicherheitsempfehlungen der Unfalluntersuchungsstelle:
Im Bericht wurden verschiedene Sicherheitsempfehlungen abgegeben; u.a. wurde die folgende Empfehlung formuliert:
• Der Einbau des Bahnsicherungssystems ZSL (oder ähnlich) ist zu prüfen. Ein solches System würde es erlauben, die Geschwindigkeit permanent zu überprüfen.
Der vollständige Bericht ist auf der Homepage der UUS aufgeschaltet.
Adresse für Rückfragen
Walter Kobelt; Leiter der Unfalluntersuchungstelle: 079 456 66 52, 031 323 74 88
Herausgeber
Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST, Bereich Bahnen und Schiffehttp://www.sust.admin.ch